Radverkehrsförderung

Thomas Gomminginger Freitag, 19. Mai 2023 von Thomas Gomminginger

Radverkehrsförderung

In Nußloch bisher nur eine kommunalpolitische Erzählung

Der Radverkehr in Deutschland nimmt seit Jahren zu und gewinnt weiter an Bedeutung. Ob als Fortbewegungsmittel für den Weg zur Arbeit, für Erledigungen, zur Schule, in der Freizeit, im Urlaub oder zur sportlichen Betätigung: Das Fahrrad liegt mehr denn je im Trend! Gut so! Denn Radfahren fördert die Bewegung und Gesundheit, ist aktiver Umwelt- und Klimaschutz und gerade im Nahverkehr flexibel, schnell und günstig. 

Die Schlagzeilen sprechen eine eigene Sprache: Verkaufszahlen, Modellvielfalt, E-Bike-Boom, Firmenrad-Leasing, Ausbau von Radinfrastrukturen in Städten und Gemeinden (Radstraßen, Radwege, Radspuren, Radstreifen, Radschnellwege), entstehende Bike & Ride-Anlagen im Bahnhofs-/ÖPNV-Umfeld (z. B. Radboxen, Radparkhäuser), mehr Gleichberechtigung im Verkehr. Es entsteht eine Radinfrastruktur und Radkultur!       

Genau dies gilt offensichtlich nicht für Nußloch wie gerade der aktuelle ADFC-Radklimatest unrühmlich zeigt (Note: 4,16). Trotz eines 2021 fraktionsüberreifend beschlossenen Mobilitäts- und Handlungskonzeptes mit „Radverkehrsförderung als Hauptziel“ und einer „Förderung der umweltfreundlichen Nahmobilität“ sowie dem vor drei Jahren verabschiedeten kommunalen Klimaschutzkonzept (Verkehrs-/CO2-Reduktionsziele) ist Nußloch verkehrsplanerisch immer noch eine autogerechte Gemeinde verhaftet im Gestern.

Radverkehrsförderung? Radfreundlichkeit? Keine erkennbare Strategie, keine greifbare Planung, keine richtungsweisenden Mehrheitsentscheidungen im Gemeinderat, keine radfreundlichen Verkehrsachsen durch den Ort, ein innerörtlicher Radweg (mit Sanierungsbedarf), keine schützenden (durchgezogenen) Radfahrstreifen, keine (gestrichelten) Radschutzstreifen (noch nicht mal einseitig auf 7,00 bis 8,00 m breiten Straßen), keine einzige Fahrradstraße mit kleinem Geld (Asphaltfarbe, Beschilderung) für sicheres, entspanntes Radfahren, keine Bodenmarkierungen, keine Farbflächen (z. B. Spureinfärbungen in Kreuzungsbereichen), kein Parkraumkonzept, kein Sicherheitsgefühl und Komfort im Straßenverkehr, keine Werbung für das Radfahren, ... . Es ist verkehrspolitisch ein Armutszeugnis! 

Positiv zu erwähnen ist, dass es zumindest einzelne Lichtblicke gibt: Räumlich begrenzte Sanierungsprojekte, bei denen man dann seitens der Gemeindeverwaltung den Radverkehr mitgedacht hat. Als Radfahrer jeder Altersklasse fährt man gerne durch die neue Ortsmitte III z. B. in Richtung Ortszentrum oder „runter“ ins Unterdorf (Verkehrsberuhigung, "Shared Space“ ohne Bordsteinkanten, in beide Richtungen befahrbare Einbahnstraßen, wenig zugeparkte Straßen durch Regulierung des ruhenden Verkehrs). Auch draußen im Gewerbegebiet hat sich im Rahmen der Sanierung der Max-Berk-Straße etwas getan (Erneuerung des parallelen Fuß-/Radweges inkl. Verlängerung um 250 m). Das sind allerdings „Stückwerke“, die Straßen- oder Kanalsanierungsmaßnahmen folgen, d. h. keine initiierten Radverkehrsvorhaben sind.  

Dass es keine annähernde Gleichberechtigung von Radfahrenden als auch Fußgängern im Straßenverkehr gibt und der Verkehrsraum weitestgehend fahrenden und parkenden Autos zugeteilt ist, zeigt sich exemplarisch beim Gehwegparken. Denn Gehwegparken ist gemäß Straßenverkehrsordnung seit 2020 grundsätzlich verboten (Ausnahme: Explizit beschilderte Teilabschnitte, Bodenmarkierungen). Da dies weiterhin geduldet wurde, hat Baden-Württemberg seine Städte und Gemeinden sogar per Erlass verpflichtet gegen Falschparken vorzugehen und stellt klar, dass die Ämter nicht (mehr) wegschauen dürfen. In Nußloch jedoch wird die rechtswidrige Gehwegbeparkung großzügig toleriert.  

Das dem so ist, erfuhren die RNZ und ihre Nußlocher Leserschaft jüngst indirekt auf Nachfrage beim Ordnungsamt. Die Überwachung des ruhenden Verkehrs sei ein Schwerpunkt und des Gehwegparkens im Besonderen. Im Schnitt würden 50 Gehwegverstöße pro Monat „festgestellt“. Sonntage ausgenommen sind das demgemäß ganze zwei am Tag – bei einem Schichtbetrieb des Gemeindevollzugsdienstes von 7 bis 21 Uhr! Wenn man z. B. in den ständig gehwegbeparkten, unübersichtlichen (Kurven)Bereichen der oberen Massengasse (beidseitig) und entlang der verkehrsreichen Walldorfer Straße (schmale Gehwege) hinschauen wollte, könnte man dort ständig Verstöße mit Bußgeldern ahnden. Ob eingeschränkte Restgehwegbreiten für ältere Menschen, einen Rollstuhl oder Kinderwagen (Ausweichen auf die Fahrbahn!), ob hervorlaufende Kinder, die man zwischen rechtswidrig abgestellten Fahrzeugschlangen nicht sehen kann oder ob eine sich im Straßenraum plötzlich öffnende Fahrertür eines illegal geparkten Autos, in die ein vorbeifahrender Radfahrer ungeschützt reinknallt (Dooring-Unfälle) – Falschparken auf Gehwegen scheint „nur“ ein Kavaliersdelikt zu sein! 

Nun, sofern das zuständige Landratsamt dies umsetzt, kommt dieses Jahr eventuell noch ein ortspolitischer Kompromiss für vier Kreisstraßen (Haupt-/Walldorfer-/Sinsheimer Straße, Massengasse): In 2022 beantragte Radpiktogramme, also auf Asphalt aufgetragene Fahrradsymbole. Sie sollen im autodominierten Mischverkehr, die Präsenz und die Rechte von Radfahrenden verdeutlichen. Hierbei wünschen wir uns dann einhergehend auch seitliche Sicherheitstrennstreifen zu den ausgewiesenen, offiziellen Autostellplätzflächen entlang der Straßen (Abstand zu öffnenden Autotüren).    

Dank stetiger grüner Unterstützung und Nachdruck auf Landes-, Kreis- und Ortsebene kommt aber endlich auch ein substanzielles Radinfrastrukturprojekt: Ein „Generationentraum“ für Schüler (und deren Eltern), Radpendler, Schwimmbadbesucher usw. – der Bau eines direkten Radweges zwischen Nußloch und Leimen entlang der alten B3 (Landesstraße 594). Die Planungsvereinbarung wurde unterzeichnet.  

Eure Nußlocher Grünen

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