Fahrradklimatest

Thomas Gomminginger Freitag, 12. Mai 2023 von Thomas Gomminginger

Fahrradklimatest

Nußloch mit einer Vier minus im letzten Tabellendrittel

Nußloch ist 2022 zum ersten Mal Teil des bundesweiten ADFC-Fahrradklimatestes und belegt in seiner Größenkategorie (< 20.000 Einwohner) mit einem Notenschnitt von 4,16 nur Platz 349 unter 474 Gemeinden. Nicht nur das – Nußloch ist Drittletzter unter den 22 teilnehmenden Städten und Gemeinden des Rhein-Neckar-Kreises!

Nun ist es auch offiziell: Nußloch liegt bei der Radverkehrsfreundlichkeit unter „ferner liefen“. Der Allgemeine Deutsche Fahrrad Club (ADFC) ermittelt in Deutschland alle zwei Jahre einen Zufriedenheits-Index der Radfahrenden (Fahrradklimatest). Der dezidierte Test unter der Überschrift „Und wie ist Radfahren bei Dir vor Ort?“ wird vom Bundesministerium für Verkehr gefördert. Die Ergebnisse helfen Städten und Gemeinden, ihre Fahrradfreundlichkeit zu bestimmen, und sind eine wichtige Orientierungshilfe. Sie können Vergleiche zu anderen Orten ziehen, ihre Stärken und Schwächen identifizieren und so gezielt Maßnahmen ergreifen. Dieses Mal haben 245.000 Umfrageteilnehmer (neuer Rekord) aus 1.114 teilnehmenden Städten und Gemeinden die 27 Fragen auf einer Skala von 1 bis 6 beantwortet. Die Fragen betreffen u. a. das Sicherheitsgefühl sowie den Komfort beim Radfahren und die Radverkehrsinfrastruktur vor Ort.

Die Note 4,16 für Nußloch ist ernüchternd. In der Kategorie der 474 Kommunen unter 20.000 Einwohnern liegen wir damit im letzten Tabellendrittel auf Rang 349. Zum Vergleich: Der Bestwert ist 2,00 (Wettringen) und der Schlechteste 5,13 (Windhagen). Im Rhein-Neckar-Kreis wurden insgesamt 22 Städte und Gemeinden bewertet. Vorne liegen in unserer Region Schwetzingen, Heidelberg, Ladenburg, Walldorf, Dossenheim und Wiesloch. Nußloch ist Drittletzter, nur knapp vor den Schlusslichtern Leimen und Sinsheim. Beginnen wir mit den wenigen zufriedenstellenden Aspekten. Jeweils mit der Note 2,8 wurde die „Wegweisung für Radfahrer“ und „Geöffnete Einbahnstraßen in Gegenrichtung“ bewertet. Letzteres dürfte vor allem ein Ergebnis der gelungenen neuen Verkehrsführung im Sanierungsgebiet Ortsmitte III sein, dessen Einbahnstraßen RadfahrerInnen in beide Richtungen befahren können. Auch bei „Erreichbarkeit des Ortszentrums“ und „Konflikten mit Fußgängern“ hat es für eine erfreuliche 3,2 bzw. 3,3 gereicht.

Dann beginnen aber schon bald mäßige Vierernoten (4,0 bis 4,4), u. a. bei den Kriterien „Fahrrad- und Verkehrsklima“, „Sicherheit beim Radfahren“, „Spaß oder Stress?“, „Akzeptanz als Verkehrsteilnehmer“, „Konflikte mit Kfz“ und „Falschparkkontrollen auf Radwegen“.  

Danach folgen ganze 14 Kategorien, die mit Bewertungen zwischen 4,5 und 4,8 in Richtung Note 5 („mangelhaft“) gehen, wie „Stellenwert des Radverkehrs“, „Komfort für das Radfahren“, „Werbung für das Radfahren“, „Fahrradförderung in jüngster Zeit“, „Sicherheitsgefühl“, „Hindernisse auf Radwegen“, „Fahren auf Radfahrstreifen/-wegen“, „Fahren im Mischverkehr mit Kfz“, „Breite der Wege für Radfahrer“ oder „Oberflächen der Wege für Radfahrer“. So weit, so gut bzw. schlecht.  

Nun muss man sich vor Augen führen, dass ein qualifiziertes Verkehrsplanungsbüro mit der Gemeindeverwaltung und den Gemeinderatsfraktionen von 2018 bis 2021 an einem umfangreichen, strategischen Mobilitätskonzept gearbeitet haben. In diesem vom Gemeinderat beschlossenen, 50-seitigen Handlungsleitfaden stehen folgende Maßgaben: „Die Förderung des Radverkehrs muss in der Gemeinde Nußloch zu einem Hauptziel der zukünftigen Mobilitätsplanung gemacht werden. Ohne entsprechenden Ausbau der Angebote für den Radverkehr ist die Umsetzung der Klimaschutzziele im Verkehr (bis 2030) nicht möglich. Um dieses Ziel zu erreichen, muss die vorhandene Infrastruktur massiv ausgebaut und angepasst werden.“ Weiter heißt es: „Das Mobilitätskonzept ist ein integriertes Handlungskonzept für die politische Steuerung der verkehrlichen Ziele in Nußloch.“  

Es gibt dazu sogar Steilvorlagen seitens der Verkehrsplaner: „Ein Ausbau der Nord-Süd-Achse für den Radverkehr und eine Fahrradstraße können zumindest in Teilabschnitten relativ kurzfristig umgesetzt werden.“ 

Diese recht einfach machbaren, radfreundlichen Nord-Südachsen mit Radschutzstreifen auf der landebahnbreiten nördlichen und südlichen Hauptstraße und einer ersten beschilderten Fahrradstraße (Römerstraße) wurde 2021 vom Gemeinderat als wichtiges Leitprojekt mit hoher Umsetzungspriorität definiert. Aber Sie werden es kaum glauben: Unser dafür notwendiger Antrag zur Einrichtung der Radschutzstreifen durch die zuständige Verkehrsbehörde wurde im Juni 2022 im Gemeinderat mit einer politischen Mehrheit abgelehnt. Und die Fahrradstraße wurde per Beschluss für eine „weitergehende Prüfung“ auf unbestimmte Zeit vertagt. Das ist nun ein Jahr her. 

Veränderungsziele ohne Veränderungswillen, ein Handlungskonzept ohne Handeln, Prioritäten ohne Relevanz, „Radförderung“ ohne Radverkehrsinfrastruktur, … wen wundern da noch die miserablen Ergebnisse des Fahrradklimatests?

Eure Nußlocher Grünen

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