Thomas Gomminginger Freitag, 22. Oktober 2021 von Thomas Gomminginger

Radtrilogie III: Der Weg in die Moderne

Gestaltung eines sicheren, komfortablen Radnetzes in Nußloch

Der Radverkehr gewinnt stetig an Bedeutung. Nur: Viele Menschen würden zwar auch gerne mit dem Fahrrad fahren, trauen sich aber im Ortsverkehr nicht, weil es ihnen zu unsicher erscheint – beispielsweise Senioren, Familien mit Kindern, Jugendliche oder ungeübte Radfahrer. Das bestätigt etwa der Fahrradklimatest des ADFC.

Auch deshalb soll nun das Jahr 2022 in Nußloch das Radwendejahr werden. Nach dem Rückblick auf unsere autogerechte Gemeinde (Teil 1: 1980er - 2019), dem Fahrradboom der letzten Jahre und den ersten Schritten (Teil 2: 2019 – 2021) schauen wir daher nun im heutigen dritten, letzten Teil nur noch nach vorne in die unmittelbare Zukunft.

Dabei ist klar: Der starke Autoverkehr im Ort wird von den Bürgern nach wie vor beklagt. Sie erwarten, dass ein Mobilitätskonzept, das zeitnah durch den Gemeinderat verabschiedet werden dürfte, Abhilfe schafft. Es soll den Verkehrsmix attraktiver und umweltfreundlicher gestalten. Ein wichtiger Teil der lokalen Verkehrswende ist die Förderung des Radverkehrs durch den Ausbau und die Anpassung der Infrastruktur. Das ist im Vergleich zu üblichen Straßenbauarbeiten für den Autoverkehr günstig und schnell zu machen (Zum Vergleich: Die Sanierung der Max-Berk-Straße über eine Länge von 400 m kostet ca. € 600.000 und ist eine 7-monatige Dauerbaustelle).

Die Ausgangsbasis ist schnell beschrieben: Bis dato gibt es innerhalb Nußlochs noch keine nennenswerte Radverkehrsinfrastruktur. Die Kernfrage ist also: Wie kann eine radfreundliche Roadmap für 2022 ff. aussehen? Idealerweise hat ein sicheres und komfortables Radnetz zwei sich ergänzende Elemente. Das ist erstens eine Radinfrastruktur im Mischverkehr mit Autos, Lieferwagen, Bussen, Motorrädern usw. entlang der Hauptdurchgangsstraßen. Diese dient eher dem zügigen Vorankommen von geübteren Radfahrern, etwa Berufspendlern, die zügige, direkte Verbindungen nutzen möchten. Zweites ist das ein Vorrangnetz mit Fahrradstraßen. Diese dienen primär dem sicheren, entspannten Radfahren und berücksichtigen insbesondere die schutzbedürftigen Radfahrerinnen und Radfahrer, auch wenn deren Nutzung mit einem kleinen Umweg verbunden sein sollte.

Starten wir mit dem ersten Teil der Roadmap – der Radinfrastruktur mit Schutzstreifen im Mischverkehr entlang der verkehrsreichen Hauptachsen wie Hauptstraße, Walldorfer Straße, Massengasse und Sinsheimer Straße. Radfahr- und -schutzstreifen machen hier das Radfahren auf der Fahrbahn sicherer, schaffen Aufmerksamkeit und mehr Rücksichtnahme. Sie zeigen: Der Radverkehr hat seinen Platz im Verkehrsraum.

Für breite Straßenabschnitte - z. B. auf der Hauptstraße zwischen der Katholischen Kirche und dem nördlichen Kreisverkehr am Ortsausgang Richtung Leimen oder zwischen Kraichgaustraße/Auf der Liß und dem südlichen Ortsausgang Richtung Wiesloch – sind Radfahrstreifen zu empfehlen. Auch die lange, weitläufige Bismarckstraße im Südwesten ist dafür gut geeignet.

Radfahrstreifen haben durchgezogene Linien mit einer Mindestfahrbreite von 1,50 m. Diese sind nur für den Radverkehr vorgesehen. Breite Straßen erfahren somit eine Dreiteilung des Verkehrsraumes: Fußwege für Fußgänger, Radfahrstreifen für Radfahrer und Kfz-Fahrspuren für Autofahrer.

Auf schmaleren Straßenabschnitten - wie z. B. in der Massengasse von der Kurpfalzstraße bis Allming – können Radschutzstreifen die Straße flankieren. Dies sind durch gestrichelte Linien abgegrenzt, haben eine geringere Breite und dürfen von Autofahrern bei Bedarf mitgenutzt werden. In Straßenbereichen mit Gefälle wäre es vorrangig, einseitig „bergaufwärts“ schützende, raumbildende Radschutzstreifen für bergan fahrende Radler anzubringen (Bsp. im oberen Teil der Massengasse). Denn „hangabwärts“ kann man als Radfahrer bei grundsätzlichem Tempo 30-Limit gut mit dem Kfz-Verkehr „mitschwimmen“ (z. B. Sinsheimer Straße).

Der zweite Teil der Roadmap für den Radverkehr sind möglichst viele verkehrsarme Radvorrangstraßen, die vom Autoverkehr weitgehend entkoppelt sind. GekennzeichneteRadvorrangrouten in Nebenstraßen bieten sichere Lösungen für das entspannte Fahren. Diese Fahrradstraßen sind entweder ausschließlich dem Radverkehr vorbehalten (mit Ausnahme etwa von Anliegern) oder weiterhin für den Autoverkehr freigegeben; dann müssen sich Autofahrer im Falle des „Aufeinandertreffens“ in Fahrtrichtung nach der Geschwindigkeit der gleichberechtigten Radfahrer richten.  

Erste Vorschläge für innerörtliche Radvorrangstraßen sind die entspannt zu befahrende Römerstraße als Nord-Südverbindung (innerorts ca. 1,2 km von der Bismarckstraße im Süden bis - mit einem verbindenden Lückenschluss - zum Kreisverkehr im Norden). Da die Römerstraße am südlichen Ende direkt in die autofreie Alte Bruchsaler Straße übergeht, entstünde somit eine durchgängige, kilometerlange Radroute vom Nußlocher Norden in Richtung Wiesloch/Walldorf (u. a. zur MLP, SAP etc.).

Auch „weiter oben“ im Ort gibt es östlich der Hauptstraße eine gestaltbare Nord-Südverbindung ohne Konkurrenz zum Autoverkehr: Die Strecke vom Alten Berg über die Blücherstraße und die als Fahrradstraße prädestinierte, ruhige Nadlerstraße entlang des Friedhofes bis zur südlichen Hauptstraße - mit direktem Anschluss an den gut ausgebauten Radweg nach Wiesloch.

Eine gute Ost-West-Verbindung mit einer Länge von einem Kilometer ist ebenfalls machbar - von der oberen Sinsheimer Straße über die Burgstraße (Radschutzstreifen) und dann der 400m langen, breiten Goethestraße als Fahrradstraße hinunter zur Bismarckstraße mit Radweganschluss in Richtung Walldorf. Die dort verlaufende Bismarckstraße wäre dann passenderweise mit Radfahrsteifen eine 800 m lange Süd-West-Tangentiale. Da sie am unteren Ende in die als Fahrradstraße ausweisbare Römerstraße abzweigt, wäre eine Radroute über 2 km vom südlichen Ortseingang bis zum nördlichen Ortausgang möglich.

Wenn man dann noch mit einem Farbkonzept (z. B. farbliche Radspuroberflächen, schützende Verlaufsmarkierungen an Kreuzungen) und an den Ortseingängen mit sicheren Überleitungen von den separierten Radwegen in den Mischverkehr arbeitet (z. B. mit sog. Radschleusen), dann wäre damit ein „Traum“ aller Nußlocher Radfahrerinnen und Radfahrer wahr geworden.

Damit Zukunft aktiv gestaltet wird, geht diesbezüglich die Bitte an die Verwaltung und den Gemeinderat, im neuen Jahr 2022 im Rahmen des Mobilitätskonzeptes mit eingestellten Haushaltsmitteln den Aufbau eines sichtbaren, sicheren Radnetzes zu beginnen und dieses als Beitrag zur Mobilitätswende zügig umzusetzen.

Denn beim Radverkehr ist es in Nußloch nun wirklich Zeit für einen Aufbruch mit einem ganzheitlichen Wurf! Mehr Radverkehr, mehr Bewegung, mehr Gleichberechtigung im Straßenverkehr, mehr Sicherheit für Radfahrer aller Altersklassen, günstige Fortbewegung, aktiver Klimaschutz, weniger Abgase, weniger Verkehrslärm, mehr Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum, Vorbildfunktion für weitere Gemeinden - welch eine Fülle an gesellschaftlichem Nutzen!

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